Vereinsgeschichte des TuS "Rot-Weiß" 1931 Roßbach e. V.

Der Ehrenvorsitzende Erich Nöllgen erinnert sich

 

1931

Eine damals wirtschaftlich sehr schlechte Zeit. Es gab sehr viele junge Leute, die arbeitslos waren. Es wurde allgemein ein sehr bescheidenes Leben geführt.

In diese Zeit fällt die Gründung des damaligen "Turn- und Spielvereines" Rot-Weiß Roßbach. In sportlicher Hinsicht gab es zu der Zeit nur den Radfahrer-Verein "Staubwolke" im Dorf. Der andere Radfahrer-Verein"All Heil" war bereits aufgelöst.

So war die Gründung des Turnvereines sportlich und gesellschaftlich gesehen eine willkommene Abwechslung im Alltagsleben der Dorfjugend.

Gegründet und geleitet wurde der Verein von Karl Schütz - genannt der "Lang Schütz" wegen seiner Körpergröße und damit keine Verwechslung mit dem anderen Karl Schütz - nach dem Krieg Bürgermeister von Roßbach- vorkam.

Dieser -Lang Schütz- war ein Idealist für den Verein und kam in jede Übungsstunde um nach dem Rechten zu sehen.

Die sportlichen Aktivitäten bestanden anfangs darin, dass Freiübungen und Leichtathletik betrieben wurden.

Die ersten Turngeräteübungen gingen in Elgert in der Turnhalle über den Holzboden vonstatten. Die Turnhalle, später Omnibushalle der Fa. Zickenheiner, war von den Elgerter Turnern in Eigenleistung gebaut worden. Die treibende Kraft in diesem damals kleineren Verein war Herr Lehrer Göhl.

Dorthin gingen die jungen Turner abends zum Üben, wöchentlich 1 - 2 mal. Hier waren Reck, Barren und Pferd vorhanden.

Man versammelte sich am gemeinsamen Fußweg, durch das Elgerter Heckelchen, auf der Unterdorfer Brücke. Zwischen 11.00 und 12.00 Uhr nachts ging es wieder heimwärts und sicherlich um ein Erlebnis reicher.

Ja, das waren noch Zeiten, frei von jeglicher Hektik und verbunden mit einer großen Genügsamkeit.

 

1932 - Anfängliche Finanzprobleme

Im Gründungsjahr 1931 wurde noch kein offizielles Kassen- und Beitragsbuch geführt, sondern erst ab dem 1.1.1932.

Jedoch sind für 1931 von 6 Ortseinwohnern, zusammen 9,50 Reichsmark, als Spende eingetragen. Das war das Guthaben des Vereines am Jahresende.

Ab dem 1.1.1932 sind dann Einnahmen und Ausgaben fein säuberlich eingetragen. Beispiele: Einnahmen - Die Haupteinnahmen waren der Beitrag der Mitglieder, Eintrittsgelder vom Theaterspielen, der Erlös von Verlosungen.

Der Beitrag betrug für alle ab dem 14. Lebensjahr 5 Pfennig pro Monat. Kinder zahlten keinen Beitrag. Theater wurde in den Sälen Theis und Nieß gespielt. Spielleiter war Gustav Spieß, später Wilhelm Nieß.

Sonntagsnachmittags war Generalprobe und gleichzeitig Vorstellung für die Kinder.

Abends dann Hauptvorstellung für die Jugend und die jüngeren Ehepaare. Montagsabends war Vorstellung für Männer und Frauen, die auch verbilligten Eintritt hatten.

So verzeichnete das Kassenbuch am 19.2.1932 Einnahmen für Kinder von 16,30 Reichsmark, für Erwachsene von 86,- Reichsmark und für Männer und Frauen 12,35 Reichsmark.

Im März spielte man in Steimel - Einnahmen 25,- Reichsmark. Eine Verlosung erbrachte am 22.4.1932 eine Einnahme von 117,30 Reichsmark. Aus diesen Einnahmen kaufte man, auch in den Folgejahren, nach und nach die Turngeräte Barren, Reck und Pferd.

Wirklich mühsam zusammengetragenes Geld unter Aufwendung von sehr viel Idealismus und Zeitopferung.

Dazu im Vergleich: Porto kostete für eine Postkarte 6 Pfennig, für einen Brief 12 Pfennig. Ein Fuß- oder Handball wurde mit 11 - 12 Reichsmark berechnet.



Die anfänglichen sportlichen Aktivitäten

Die anfänglichen sportlichen Aktivitäten der Turnerei im Verein bestanden für die männliche Jugend ausschließlich im Geräteturnen. Die Übungen wurden am Reck, Barren Pferd und Boden ausgeführt. Eine Riesenfelge am Reck oder ein Handstand am Barren waren Bestleistungen, die nur wenige beherrschten.

Aber auch Freiübungen, die immer in der Gruppe ausgeführt wurden, waren ein wichtiger Bestandteil des Programms der damaligen Zeit.

Die Schüler der Abteilung, die auch Geräte turnten, führten auch sogenannte Fahnenreigen auf. Die Teilnehmer hielten in jeder Hand ein Fähnchen - meist rot/weiß - welche sie in mehreren Gruppen beim Aufmarsch in verschiedene Haltungen brachten. So entstanden verschiedene Aufmarschbilder und Stellungen in bunter Folge.

Die weibliche Jugend des Vereines und dies war eine große Zahl, bot Aktivitäten, die sehr abwechslungsreich waren.

Neben dem Geräteturnen wurde der Volkstanz und die Freiübungen intensiv gepflegt. Die Auftritte erfolgten meistens in langen weißen Kleidern. Dies bot immer einen schönen Anblick. Kurze, enge Trainingsanzüge für Turnerinnen gab es nicht - war nicht gestattet.

Die Mädels tanzten in 2 Gruppen = A + B. Die A-Gruppe waren die Älteren und die B-Gruppe die jüngeren, noch nicht so leistungstüchtigen im Turnen. Das Geräteturnen der damaligen Zeit für die Mädchen war im Verhältnis zu heute primitiv. Es galt in erster Linie die körperlichen Ertüchtigung und die Bewegung und weniger die Leistung.

Wenn ich hier die weibliche Turnerei der damaligen Zeit beschrieben habe, so ist damit unweigerlich der Name Robert Kuch verbunden. Robert Kuch, Vater seines Sohnes, ebenfalls Robert, war Leiter dieser Gruppen. Er wohnte in Herschbach und kam bei jeglichen Wetter mit dem Fahrrad oder dem Motorrad zu den Übungsstunden. Er war ein großer Idealist und Fachmann des Turnens. Er ist Ende des 2. Weltkrieges gefallen.



Der Mannschaftssport kam hinzu

Nicht alle Vereinsmitglieder konnten oder wollten den Turnsport ausüben. Man wollte auch Mannschaftssport betreiben, d. h. auch spielen. Zumal der Verein ja Turn- und Spielverein hieß. Daher entschloß man sich Feldhandball zu spielen, auch sicher deswegen, weil der TV Elgert schon eine Handballmannschaft hatte und der freiwillige Arbeitsdienst in Elgert und Steimel ebenfalls diesen Sport betrieb.

So gründete man eine Handballmannschaft, ja später sogar noch eine 2. Mannschaft.

Im ersten Jahr des Spielbetriebes beschränkte man sich auf Freundschaftsspiele, die in Elgert ausgetragen wurden, da man selbst noch keinen Sportplatz hatte. Dieser Platz in Elgert befand sich kurz vor dem Dorf von Roßbach herbei kommend rechter Hand vor der scharfen Linkskurve und war sehr klein. Aber man war froh darum, weil alle sonstigen Flächen landwirtschaftlich genutzt und sehr gefragt waren. Das Spielen auf dem Platz in Elgert war deswegen nur eine Notlösung. Es mußte ein eigener Platz hergerichtet werden.

Da in Dorfnähe in der Gemarkung keine geeignete Fläche vorhanden war, kam nur das der Gemeinde gehörende Grundstück vor der Kuhheck in Frage, da wo sich auch nach dem 2. Weltkrieg der Sportplatz noch befand.

Dieses Stück war total mit Heidekraut bewachsen, welches man erst einmal abschälen mußte. Dieses Heidekraut diente im Sommer auch als "Streusel" zum Einstreuen der Kuhställe, wenn das Stroh vor der neuen Ernte knapp wurde. Es wurden daher Lose verschiedener Größen gemacht und meistbietend versteigert. Von diesen Heidekrautflächen gab es viele in der Gemarkung, die später umgebrochen, gut gedüngt und somit wieder als Acker- oder Grünland Verwendung fanden.

Nachdem das Heidekraut entfernt war, planierte man den Platz von Hand so gut es ging. Es wurden die gröbsten Unebenheiten beseitigt, Tore aus Holzbalken aufgestellt und der Platz war für den Spielbetrieb fertig. Es konnte losgehen.

Alle diese Arbeiten verrichteten die Aktiven in Eigenleistung ohne jegliche Bezahlung, da das Geld damals sehr knapp war.

Das größte Kuriosum an der Sportplatzsache war, dass sich auf dem Platz kurz vor dem 16 m - Raum des unteren Tores ein Elektromast befand. Dieser Mast gehörte zu der Stromzufuhrleitung die aus Richtung Freirachdorf kommend uns mit dem nötigen Strom versorgt. Doch dies störte damals niemand. Auch wenn der Ball mal in die Drähte flog und sich dadurch die Richtung veränderte. Hauptsache man hatte einen Sportplatz, von denen es damals in unserer Gegend nicht viele gab.



Der Spielbetrieb begann

Nun galt es den Spielbetrieb zu beginnen. Dies geschah erst einmal mit dem Training. D.h. es wurde nicht regelmäßig trainiert und nicht so hart wie in der heutigen Zeit. Darüber hinaus konnte der Feldhandballsport nur im Sommer als Freiluftsport betrieben werden.

Im ersten Jahr des Spielbetriebs trug man nur Freundschaftsspiele mit den Nachbarvereinen aus. Zu Auswärtsspielen nach Elgert oder Steimel ging man meistens zu Fuß

In den folgenden Jahren nahm man an Meisterschaftsspielen teil. Jetzt mussten Auswärtsspiele in Höhr-Grenzhausen, Hilgert, Bannberschid, Hachenburg, Altenkirchen oder Flammersfeld ausgetragen werden, weil in der näheren Umgebung keine Mannschaften waren, bzw. sich nicht an der Meisterschaft beteiligten.

Zu diesen Spielen wurde mit den Fahrrädern gefahren. Sehr oft zu Zweit auf einem Rad oder mit einem geliehenen Rad, wenn der Betreffende kein eigenes Fahrrad hatte. In der heutigen motorisierten Zeit nicht zumutbar und denkbar.

So kam die Mannschaft beim Gegner meistens schon ermüdet an, so dass diese Spiele fast alle verloren wurden, zumal die genannten Mannschaften alle stärker waren, weil sie über eine größere Spielerauswahl verfügten. Doch dies tat der Spielfreude und dem Idealismus keinen Abbruch. Gewonnen wurden die Heimspiele meistens dann, wenn ein junger Mann aus dem Ruhrgebiet, der einige Klassen dort höher spielte im Jagdhaus in der Kuhheck war und bei uns mitspielte.

Der 1. Mannschaft gehörten folgende Spieler an: Wilhelm Schneider, Artur Schneider, Paul Nieß, Kurt Nieß, Richard Panthel, (Franz) Fritz Schütz, Alfred Nieß, Arnold Schütz, Richard Ascheid, Alfred Zerres, Heinrich- R. Schneider, Willi Viemann und Richard Demuth.



Die 2. Mannschaft

Die 2. Mannschaft bestehend aus jüngeren Spielern, da es bei uns noch keine Jugendmannschaften gab. Nach der Schulentlassung, ab 14 Jahre damals, spielte alles in der 2. Mannschaft. Sehr oft musste diese Mannschaft, wie auch heute im Mannschaftssport, Spieler für die 1. Mannschaft abstellen, so dass sie manchmal selber zu wenig Spieler hatte und nicht spielen konnte.

Ein regelmäßiges Training gab es auch hier nicht, doch das tat der Sache keinen Abbruch, denn der Verein war damals alles.

In der 2. Mannschaft spielten: Julius Nieß, Ernst Demuth, Richard Henn, Wilhelm Vohl, Otto Nöllgen, Artur Selbach, Kurt Uschmann, Erich Weyer, Paul Henn, Ernst Simon, Emil Nieß, Ewald Schneider, Otto Schneider, Edmund Burggraf und ich. Unser Torwart war Heinrich Dapprich.

Dann kam ab 1934 die allgemeine Wehrpflicht und nach und nach wurden die entsprechenden Jahrgänge gemustert und eingezogen. So dezimierten sich allmählich die männlichen, aktiven Sportler im Verein. Die Aktivitäten, besonders ab 1937, ließen zwangsläufig nach.

Es gab gamals nicht so viele freie Wochenenden für die eingezogenen Soldaten wie heute. Dazu kam, dass keiner der jungen Männer ein Auto hatte und sehr oft das Fahrgeld für die Heimfahrt mit dem Zug fehlte.

Dieses Nachlassen der Aktivitäten war aber in unserem ländlichen Raum allgemein festzustellen. So kam es, wie es kommen musste: Der Feldhandballsport schlief nach und nach ein, da die Hauptakteure fehlten.

Der verbliebene Rest und die jüngeren gaben jedoch nicht auf. Sie wollten neben dem Turnen noch anderen Sport betreiben und so entstand 1938 herum eine Fußballmannschaft.



Eine Fußballmannschaft wird gegründet

Die in 1938 gegründete Fußballmannschaft setzte sich aus Spielern jeglichen Alters ab der Schulentlassung zusammen. Ein Teil der Handballaktiven, soweit sie noch zu Hause waren lernten nun um und spielten Fußball, so gut es individuell möglich war.

Die Mannschaft nahm nicht an einer Meisterschaft teil. Es wurden nur Freundschaftsspiele mit Mannschaften aus der näheren Umgebung ausgetragen. Einen regelmäßigen Spielbetrieb gab es nicht. Nur wenige Spieler besassen richtige Fußballschuhe.

Doch mit Beginn des 2. Weltkrieges, wo alle wehrfähigen Männer eingezogen wurden, hörte das Spielen vom Verein her auf.

Weitergespielt wurde in der Hitlerjugend und das teils mit jugendlichen aus Nachbarorten, die auch dieser Jugendorganisation angehörten. Dies ging so bis 1943 aber ohne nennenswerte Höhepunkte spielerischer Art. Durch die weitere harte Ausdehnung des Kieges und aus weitererm Spielermangel musste der Spielbetrieb dann vollständig eingestellt werden. Der unselige 2. Weltkrieg ließ den wenigen noch nicht zum Wehrdienst Einberufenen keine andere Wahl.

Lediglich das Frauen- und Mädchenturnen im Verein ging ohne Unterbrechung bis kurz vor Kriegsende 1945 weiter.

Ein Verdienst meiner Ehefrau Lisa Nöllgen geb. Pandel, die bis März 1945 die Abteilung führte, den Beitrag kassierte und die Auslagen pünktlich bezahlte. Der Beitrag war die einzigste Einnahme.

Nachdem Ende März die Amerikaner als die Sieger des Krieges in unser Dorf einzogen, war alles Vereinsleben am Ende.



Das Vereinsrecht wird durch Verordnung wieder neu geregelt

Die Lage des Sportes nach dem 2.Weltkrieg war katastrophal. Der Krieg hatte einen schrecklichen Blutzoll gefordert. Viele Sportstätten waren zerstört oder beschädigt. Durch jahrzehnte untereinander gewachsene Bindungen des Sportes untereinander ging durch willkürliche Grenzziehung und Einteilung von Beatzungszonen ein Schnitt. Wir wurden Rheinland-Pfälzer und französische Zone. Die französische Besatzungsmacht ließ für ihren Bereich ein Verbot aller Turn- und Sportvereine.

Am 12.12.1945 wurde durch den General der französischen Truppen in Deutschland König, das Vereinsrecht durch Verordnung wieder geregelt.

Für die Zulassung von Sportvereinen kam im Februar 1948 ein Erlaß heraus, wo es folgend hieß: Zweck der Vereine dürfen nur körperliche Heranbildung und Sportbetrieb für ihre Mitglieder sein. Jede andere Betätigung ist den Vereinen strengstens untersagt usw.

Dann kam eine Verfügung heraus, in der acht Artikel die strengen Vorschriften für die Arbeit in den Sportvereinen enthielten. Für jedes Jahr mußte ein Programm zur Genehmigung vorgelegt werden. Kinder durften nicht aufgenommen werden und Jugendabteilungen bedurften einer gesonderten Genehmigung. Nicht nur Gründungsversammlungen, sondern auch jede andere Versammlung mußte angemeldet werden. Fragebogen mußten ausgefüllt und die politische Vergangenheit nachgewiesen werden. Mitglieder der NSDAP oder ihrer Gliederungen durften nicht in Vorständen tätig sein.

Turnen war gänzlich untersagt, weil die Turner von jeher sehr vaterländlich eingestellt waren und so angeblich eine Gefahr bedeuteten.

Turnen wurde erst Anfang 1948 im Nordteil von Rheinland-Pfalz, nach langen zähen Verhandlungen wieder zugelassen aber vorerst nur in Allsportvereinen. Erst später konnten reine Turnvereine gegründet werden. Deswegen wurde unser Verein 1949 bei der Wiedergründung "Sportverein" und nicht "Turn- und Sportverein" benannt.

Der weitere Werdegang unseres Vereines nach dieser Wiedergründung ist ausführlich in den Protokollen und den später erschienen Festbüchern enthalten.

Hier ging es darum die Schwierigkeiten der Sportvereine nach diesem schrecklichen Krieg aufzuzeigen.

Besonders herauszustellen ist der Idealismus und die Opferbereitschaft der damaligen sporttreibenden Jugend.